Inhaltsangabe
Die beiden Meisternovellen der berühmten österreichischen Schriftstellerin
Was Marlen Haushofer auszeichnet, ist ihre Fähigkeit, in scheinbar schlichter Sprache messerscharfe Beobachtungen anzustellen, die unter die Haut gehen. So auch in der meisterhaften Novelle Wir töten Stella, einer furiosen und nüchternen Darstellung der Machtstrukturen und -kämpfe in einer Familie, einer eiskalten Bestandsaufnahme einer gescheiterten Beziehung: Aus ängstlicher Bequemlichkeit und dem vergeblichen Wunsch, dem Sohn eine perfekte Familie vorzugaukeln, nimmt eine Ehefrau die Affären ihres Mannes leidend hin. Sie schreitet auch nicht ein, als Richard die neunzehnjährige Stella verführt. Diese nimmt sich schließlich aus Verzweiflung das Leben, und nun fühlt Anna sich mitschuldig, klagt sich an als Komplizin ihres Mannes ...
Das fünfte Jahr schildert Ereignisse eines Jahres aus der Sicht einer Vierjährigen, die auf dem Hof ihrer Grosseltern in den Bergen aufwächst. Die Kinder der Grosseltern sind alle gestorben (vermutlich im Krieg), und Marili, die wohlbehütete Enkelin, entdeckt mit kindlicher Neugier die Sonnen- und Schattenseiten des Lebens. Die Grossmutter ist eine stille, melancholische Frau, gezeichnet vom Leben, während der Grossvater mit seinem ruhigen, fröhlichen Gemüt sehr viel Wärme ausstrahlt. Marili könnte mit ihrem Leben zufrieden sein, wären da nicht ein paar furchteinflössende Dinge, mit denen sie konfrontiert wird. Beispielsweise jenes Bild des Gekreuzigten in ihrem Zimmer. Marili ängstigt sich davor, weil der Sohn Gottes, der für die Sünden der Menschen gestorben ist, in der Nacht aus dem Bild steigt und mit seiner bedrohlichen, vorwurfsvollen Gegenwart den Raum ausfüllt. Marili kann sowieso nicht verstehen, zu was dieser Sohn Gottes gut sein soll – sie jedenfalls braucht ihn nicht. Viel lieber betet sie zum lieben Gott, ein alter und freundlicher, mächtiger Verwandter ihres Grossvaters. Dann ist da noch jene Kröte, die ihr oftmals im Traum erscheint und qualvolle Tode stirbt.